Wim Bosch

»Visual Art / Fotografie«

29. Jan. 2015 - 15. März 2015 / Mo. bis Fr. 8 - 17 Uhr

Künstler

WIM BOSCH - In vielen Fotografien der Serie „Arrival-delayed“ ist der Blick durch ein Fenster nach draußen zu sehen. Direkt vor dem Fenster steht ein jeweils weiteres Gebäude mit Fenstern, sodass mehrfache Reflexionen entstehen. Die Glasflächen spiegeln schemenhaft zahlreiche Dinge und Figuren, es sind Stofftiere oder eine Kinderpuppe zu erahnen. Unwillkürlich beginnt man, die Bilder in ihre Bestandteile zu zerlegen. Alle Bildebenen sind überdeutlich scharf, der Blick wird durch den Fenster­rahmen, Vorhänge oder Pflanzen in das Bild gelenkt. Wim Bosch verführt die Betrachter, tiefer in das Motiv einzusteigen. Der Groninger Künstler verdoppelt subtil die Perspektiven: Betrachten wir das Bild, schauen wir aus dem Fenster auf ein weiteres Fenster in einen Raum und über die Spiegelungen zurück. Ist das tatsächlich die Aufnahme einer realen Situation? Stimmen die Reflexionen? Sind die Blüten und Pflanzen im Vordergrund nicht viel zu nah?

Es ist nicht lange her, dass Fotografie nicht als kunst­würdiges Medium galt. Zu realitäts­bezogen und gebrauchs­orientiert, lautete der Vorwurf. Wim Boschs Werke gehen über die Wiedergabe von Wirklichkeit hinaus. Er komponiert seine Arbeiten am Computer aus fotografischem Material zusammen. Die Ergebnisse sind mehr Malerei als Fotografie. Und tatsächlich hat er Malerei an der Akademie Minerva in Groningen studiert. Wim Bosch arbeitet in Serien, eine künstlerische Methode, um systematisch innerhalb eines ästhetischen Rahmens Variationen zu untersuchen. Die Wiederholung erleichtert, die grundsätzliche Idee nachzuvollziehen. In den Abwandlungen erforscht und vertieft der Künstler seine Ideen.

In den neusten Serien „Still live“ und „Real Estate“ beschäftigt sich Wim Bosch mit Häusern von Modell­eisenbahnen-Landschaften, die er im Internet kauft. Vor schwarzem Hintergrund leuchten die Gebäude wie aus einer anderen Zeit. Sie haben Patina. Es sind Modelle der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, einer Zeit des Wiederaufbaus und der ersten wirtschaftlichen Blüte nach dem Krieg. Die Modelle repräsentieren geordnete Lebenswelten und bürgerliche Idyllen – mit Sitzbank vor dem Haus zur Rast nach getanem Tagwerk. Der Titel der Serie verweist auf die ästhetischen Vorbilder, nämlich die nieder­ländischen Stillleben, die im 17. und 18. Jahrhundert ihre Blütezeit hatten. Es waren Symbolbilder mit verschlüsselten Botschaften. Bildmotive wie Sanduhr, erloschene Kerzen oder verwelkte Blumen nehmen Bezug auf die Vergänglichkeit des Lebens. In ihrer technischen Dimension sind diese malerischen Stillleben eine Art Leistungsschau, die die Fähigkeit der getreuen Nachahmung von Wirklichkeit demonstrieren. Hier schließt sich der Kreis: Wim Bosch nutzt den Wechselbezug zwischen fotografischem Medium und malerischem Denken, um ein vielschichtiges Nachdenken über den ästhetischen und symbolischen Gehalt seiner Stillleben zu erzeugen.

www.wimbosch.nl